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Wochenbett: Im Tal der Tränen

Taschentücher mit Faultieren gegen die Wochenbett-Tränen| Wiebkes WeltEigentlich bin ich keine Heulsuse. Behaupte ich jedenfalls. Oder sagen wir es so: Eigentlich war ich nie eine Heulsuse. Und dann...kam die erste Schwangerschaft. Und plötzlich liefen die Tränen bei jedem Piep. Eine traurige Soap im Fernsehen? Mama heult. Ein kitschiger Online-Artikel? Die Taschentücher, bitte! Ein rührseliges Video? Buahhhhh!Ach, was soll's – das sind ja nur die Hormone. Wenn das Baby da ist, hört das ja wieder auf. Dachte ich zumindest. Aber was soll ich sagen? Falsch gedacht! Dann geht's erst richtig los. Eine Meldung in den Nachrichten, bei der es um Kinder geht? Die Tränen laufen. Baby lacht zum ersten Mal? Mama weint Freudentränen. Papa und Baby beim Spielen beobachten? Mamas Herz läuft über – und die Augen erst! Hormone hin oder her, scheinbar fahren sie nicht nur während der Schwangerschaft Achterbahn, sondern auch im Wochenbett. Und während der kompletten Stillzeit. Und danach. Ob das je wieder aufhört? Keine Ahnung! Während der ersten zwei Jahre jedenfalls nicht. Und ich kann Euch sagen:

Beim zweiten Kind wird es auch nicht besser.

Ganz im Gegenteil. Ich glaube eher, dass man bzw. frau mit jedem Kind noch etwas rührseliger wird. Dass sich unglaubliche Glücksmomente mit Ängsten abwechseln, die man vorher beide in der Form gar nicht kannte. Oder Situationen erlebt, die man sich vorher 100 Mal ausgemalt hat. Das erste Kennenlernen der Zwerge im Krankenhaus zum Beispiel. Was, wenn Lene den kleinen Bruder nicht will? Ihn doof findet und nicht damit klarkommt, dass jetzt noch jemand zur Familie gehört? Wie muss das für eine Zweijährige sein, plötzlich die Aufmerksamkeit teilen zu müssen? Kann sie das überhaupt begreifen? Und weiß sie, dass Mama sie trotzdem noch genauso lieb hat? Alles Fragen, die ich mir während der Schwangerschaft gefühlte 178 Mal gestellt habe. Und dann?

Dann kommt sie ins Krankenzimmer, strahlt mich an, nimmt ihren kleinen Bruder unter die Lupe, streckt ihr Ärmchen aus und streichelt ihn ganz vorsichtig am Kopf. "Hallo Annes" (das J fällt aktuell noch weg). Den Rest bekommt Mama nur noch durch einen Tränenschleier mit.

Und solche Situationen gibt es ständig – nicht nur im Wochenbett.

Der Papa ist schon etwas irritiert und wirft mir inzwischen in Situationen, die annährend emotional sein könnten, prüfende Blicke zu. Und auch beim Schauen meiner Lieblingsserie fühle ich mich latent beobachtet. Kein Wunder, hier dauert es manchmal keine 5 Minuten, bis ich zum Taschentuch greife.

Aber hey, das wird irgendwann schon wieder aufhören. Oder? Eine Freundin von mir sagt: Nein – es wird mit jedem Kind schlimmer und geht nie wieder weg. In dem Fall habe ich zumindest einen passenden Weihnachtswunsch: ein Taschentuch-Abo. Und zwar die mit den niedlichen Faultieren drauf. Obwohl – zu niedlich ist auch wieder nicht gut 🙂