Vielleicht habt Ihr vor ein paar Tagen den ersten Gastbeitrag von Katrin zum Thema Hypnobirthing gelesen. Inzwischen hat sie den ersten Abend des Kurses besucht. Wie sie die Entspannungsübungen erlebt hat, was ihr bei den Geburtsvideos aufgefallen ist, und warum sie immernoch etwas skeptisch ist, erzählt sie euch im zweiten Teil - viel Spaß beim Lesen!
Hypnobirthing. Mit den Techniken und Methoden, die einem bei Hypnobirthing gezeigt und beigebracht werden, soll man eine selbstbestimmte Geburt erleben können. Doch was bedeutet “selbstbestimmte Geburt” für mich und kann man den Versprechungen Glauben schenken, dass es möglich ist, die Schmerzen während einer Geburt zu minimieren oder gar ganz zu verhindern?
Ich bin ein überaus skeptischer Mensch und mir fällt es schon sehr schwer, den Versprechungen von Hypnobirthing zu glauben. Dennoch habe ich positive Geburtsberichte gelesen, die genau das alles wiedergaben, keine Schmerzen, keine äußeren Einwirkungen, und zufriedene, glückliche Mütter und gesunde Babys.
Bei der Geburt meines ersten Kindes fühlte ich mich hilflos.
Wie ich bereits im ersten Teil meiner Serie geschrieben haben, wollte ich für die Geburt meines zweiten Kindes Hypnobirthing ausprobieren. Warum? Die Geburt meines ersten Kindes dauerte 23,5 Stunden und war alles andere als einfach. Ich hatte Schmerzen und fühlte mich teilweise hilflos und machtlos. Ich bin ohne große Gedanken an die erste Geburt rangegangen und wurde dann umso heftiger von meinen Wehen überrollt. Ich wusste zwar rein theoretisch, was auf mich zukommen würde, fühlte mich dann aber doch alles andere als gut genug vorbereitet.
Für die Geburt meines zweiten Kindes wollte ich einen anderen Weg ausprobieren. Ich entschied mich für Hypnobirthing. Mit Hypnobirthing soll es möglich sein, durch Atemtechniken, Entspannungsübungen und Visualisierungen mögliche Schmerzen während der Geburt zu minimieren oder gar eine schmerzfreie Geburt zu erleben.
Eine entspannte und schmerzfreie Geburt? Das wünscht sich wohl jede Frau. Aktuell kann ich es noch nicht wirklich glauben, dass das möglich sein soll. Aber ich werde am Ende einen Vergleich ziehen können.
Hypnobirthing-Kurs: Der erste Abend.
Ich bin in der 17 Schwangerschaftswoche und der erste Abend des Hypnobirthing Kurses beginnt.
Ich treffe mit meinem Mann in einem Hebammenzentrum in der Schanze (Hamburg) ein. Auf dem Boden liegen Yoga-Matten, Kissen und Decken für die Teilnehmer bereit. Unsere Kursleiterin Inken, empfängt uns herzlich, wir ziehen unsere Schuhe aus und legen erstmal unsere Jacken ab. Da es draußen schon etwas kalt ist, hat Inken heißes Wasser für Tee vorbereitet. Stilles Wasser und kleinere Snacks stehen ebenfalls bereit. Langsam treffen die anderen Kursteilnehmer ein. Wir sind insgesamt 4 Paare, die an dem Hypnobirthing-Kurs teilnehmen. Punkt 19:30 Uhr starten wir.
Aktuell denke ich noch, dass kraftvoll ein anderes Wort für schmerzhaft ist.
Wir beginnen mit der Vorstellungsrunde. Zunächst stellt sich Inken vor und erzählt, warum sie Kursleiterin für Hypnobirthing geworden ist. Ähnlich wie bei mir, hatte Inken ihr erstes Kind ohne Hypnobirthing bekommen und diese Geburt war nicht die, die sie sich gewünscht hatte. Bei der Geburt ihres zweiten Kindes war es dann ganz anders. Sie und ihr Mann erlebten dank Hypnobirthing eine Geburt, genau wie sie sich es vorgestellt hatten. Entspannt, selbstbestimmt und kraftvoll. Kraftvoll. Dieses Wort habe ich schon mehrfach in Berichten und Blogbeiträgen gelesen. Es wird mir auch im Kurs immer wieder begegnen. Noch kann ich mir darunter nichts konkretes vorstellen. Aktuell denke ich noch, dass kraftvoll ein anderes Wort für schmerzhaft ist und man das Wort Schmerz einfach nur aus dem Sprachgebrauch von Hypnobirthing entfernt hat. Ob dem wirklich so ist, werde ich später sicher noch sehen.
Warum haben wir uns für den Hypnobirthing-Kurs entschieden?
Nun sind wir Teilnehmer dran. Wer sind wir, warum haben wir uns für diesen Kurs entschieden, und welche Erwartungen haben wir an diesen Kurs. Von den insgesamt vier Paaren sind wie das einzige, das sein zweites Kind erwartet. Aber der Grundtenor ist bei allen der Gleiche. Die Frauen wünschen sich eine selbstbestimmte Geburt und die Männer wollen ihre Frauen dabei bestmöglich unterstützen.
Warum ich mich für einen Kurs bei Inken entschieden habe? Inken weiß, wie es ist, ein Kind “normal” zu bekommen und ein Kind mit Hypnobirthing. Sie kennt den Unterschied. Da ich mich in der gleichen Situation sehe, kann sie mir sicher gute Tipps und Hinweise geben.
Was bedeutet "selbstbestimmte Geburt" für mich?
Wir sollen nun aufschreiben, wie wir uns unsere Geburt vorstellen. Ich sitze vor meinem weißen Blatt und überlege, was ich aufschreiben kann. Ich mache mir zum ersten Mal so richtig Gedanken, wie ich mir “meine” Geburt vorstelle. In Gedanken an die Geburt meines ersten Kindes fällt mir zunächst nur ein, was ich gerne nicht (wieder) hätte. Ich notiere folgende Stichworte:
nicht zu schnell, nicht zu lang / ohne äußere Eingriffe / ohne PDA / entspannt / ausgeschlafen / so privat wie möglich / ohne Angst / eine natürliche Geburt / selbstbestimmt - da war es wieder.
An dieser Stelle wird mir klar, was selbstbestimmt für mich bedeutet. Für mich bedeutet eine selbstbestimmte Geburt, eine Geburt zu erleben, die ich führe, ich bin diejenige, die das Tempo vorgibt, die weiß was passiert, die ganz bei sich ist, völlig angstfrei und keine äußeren Interventionen benötigt, um ihr Kind zur Welt zu bringen. Ich weiß, wie ich meinem Kind und meinem Körper am besten helfen kann, eine stressfreie und entspannte Geburt zu erleben.
Empfehlung: eigene Wünsche verinnerlichen.
Inken empfiehlt uns, dass wir uns diese Wunschgeburt während der Schwangerschaft immer wieder vor Augen führen, um uns in unserem eigenen Wunsch zu bestärken und den Wunsch zu verinnerlichen. Somit könnten wir am Tag der Geburt unsere Wünsche schneller und klarer gegenüber Ärzten, Hebammen oder anderen Geburtshelfern aussprechen, da wir nicht erst darüber nachdenken müssten.
Theorie: Was st Hypnobirthing?
Es folgt ein kurzer Exkurs in die Theorie - was ist Hypnobirthing, woher kommt es, wer hat es entwickelt, und um was geht es genau.
Am interessantesten für mich an diesem Kapitel ist der Abschnitt “Gesetz der Gedanken”. Hierbei geht es darum, dass man sich mit positiven Gedanken befassen soll. Denn so soll auch die Geburt zu einem positiven Erlebnis werden.
Es erinnert mich ein wenig an das Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiung. Wenn du von einem guten Ausgang ausgeht, wird die Situation auch gut ausgehen. Aus diesem Grund sollen wir uns auch immer wieder “unsere” Geburt vorlesen, um so die gewünschte Geburt zu verinnerlichen und diese dann auch erleben können. Tatsächlich glaube ich daran, dass wenn ich an etwas Positives glaube, dass mir dann auch Positives passiert. Dem kann ich also folgen.
Wehen werden zu Wellen.
Schwieriger wird es für mich, als wir den Punkt erreichen, in dem gezeigt wird, welche Worte man in der klassischen Medizin benutzt und welche Alternativen Hypnobirthing anbietet. Ein alternatives Wort, welches ich schon öfter im Zusammenhang mit Hypnobirthing gelesen habe, ist “Welle”. Eine Welle ist das Synonym für Wehe. Man geht davon aus, dass Wehen zu sehr mit Schmerz assoziiert werden und deshalb keine positiven Gefühle während der Geburt hervorrufen.
Da ich während der ersten Geburt meine Wehen, äh Verzeihung, Wellen als sehr schmerzhaft empfunden habe, frage ich mich ernsthaft, inwieweit eine Wortveränderung auch eine Änderung der Empfindung hervorrufen kann. Aber gut, ich werde es versuchen und ab sofort nur noch von Wellen sprechen.
Die erste Entspannungsübung - es fällt mir schwer, mich fallen zu lassen
Bei Hypnobirthing geht es viel um Entspannungstechniken, Atmung und Visualisierung. Wir legen uns alle auf die Yoga-Matten, sollen die Augen schließen und Inken zuhören. Sie liest einen Text vor. Mir fällt es sehr schwer, mich darauf einzulassen. Ich überlege immer wieder, was hat sie gerade gesagt, funktioniert das, bin ich entspannt? Nein, ich bin hochkonzentriert - verdammt. “Konzentrier dich”, rufe ich mir zu. Doch es fällt mir weiter schwer. Ich bemerke, dass ich wie immer zu kopflastig bin. Das kann ja bei den nächsten Abenden und auch bei der Geburt lustig werden, denk ich.
Zum Start des Kurses haben wir ein Buch inkl. CD erhalten. Inken empfiehlt uns, dass wir die Entspannungsübungen mit Hilfe der CD regelmäßig üben. So würde es uns Stück für Stück einfacher fallen, uns zu entspannen und fallen zu lassen.
Da so wie ich, einige keinen CD Player mehr haben, schickt uns Inken nach dem Kurs Links zu den Audio-Dateien zu, so dass wir diese anhören und damit üben können.
Geburtsvideos gehören auch dazu
Zum Abschluss des zweiten Abends schauen wir uns zwei Geburtsvideos an. Die Ankündigung, dass wir uns nun Videos von Geburten anschauen, löst bei den anwesenden Männern kurz Irritation hervor. Wir Frauen müssen alle ein wenig über die Reaktionen schmunzeln. Aber auch ich bin ein wenig gespannt, was mich erwarten wird. Bei den Videos fallen mir verschiedene Sachen auf.
Als Erstes fällt mir auf, dass die Frauen total bei sich sind. Sie scheinen hochkonzentriert zu sein, befinden sich in einer tiefen Entspannung und sind doch gleichzeitig komplett ansprechbar. Beide Frauen sind total ruhig und keineswegs aufgeregt oder scheinen nervös. Beide Frauen praktizieren verschiedene Entspannungs- und Atemübungen und helfen somit sich und auch ihrem Kind dabei, eine ruhige Geburt zu erleben. Ich bin fasziniert. Auch in der letzten Phase der Geburt, in der Phase, in der das Kind das Licht der Welt erblickt, sind beide Frauen ganz bei sich, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Szenen wie in Hollywood-Filmen, in denen die Frauen die ganze Nachbarschaft zusammenschreien, gibt es hier nicht.
Die Männer unterstützen ihre Frauen.
Wenn ich an meine erste Geburt zurück denke, ist das wie Tag und Nacht. Ich war laut und komplett auf die Unterstützung der Hebamme angewiesen. Sie musste mir sagen, wie ich zu liegen habe, wie ich atmen und wann ich pressen soll. Diese beiden Frauen brauchten niemanden.
Als zweites fielen mir die Männer in den Videos auf. Beide Männer unterstützten ihre Frauen. Aber sie unterstützten ihre Frauen nicht nur mit ihrer bloßen Anwesenheit, sondern sie hatten auch was zu tun. Sie halfen ihren Frauen, in der Entspanntheit zu bleiben. Vor allem im ersten Video ist das gut zu sehen. Die Frau wird für einen kurzen Augenblick sehr kopflastig, fängt an viel zu reden und man bemerkt, dass die entspannte Stimmung weniger wird. An dieser Stelle greift ihr Mann ein und fokussiert sie wieder. Er hilft ihr, sich wieder auf die Geburt zu konzentrieren und auf die Entspannungstechniken.
Mein Mann war während der ersten Geburt ebenfalls anwesend, die gesamte Zeit. Er kümmerte sich darum, dass ich was zu trinken hatte, wenn ich durstig war, oder was zu essen bekam, wenn der Hunger kam. Aber mehr konnte er nicht tun. Für mich genügte es völlig, dass er anwesend war und mich so emotional unterstützen konnte. Gleichzeitig denke ich, dass die Möglichkeit eine Frau bei der Geburt aktiv zu unterstützen, für viele Männer gold wert ist und viele Männer auch dankbar sind, dass ihnen eine Möglichkeit gezeigt wird, wie sie nicht nur einfach “da” sein können, sondern ihre Partnerinnen aktiv während der Geburt unterstützen können.
Mein Fazit des ersten Hypnobirthing-Abends.
Ich bin ein sehr skeptischer Mensch und es fällt mir noch sehr schwer zu glauben, dass Hypnobirthing die Geburt meines zweiten Kindes zu einem völlig anderen, im besten Fall, entspannten und schmerzfreien Erlebnis machen kann. Aber ich freue mich auf die kommenden Abende und werde das Prinzip inkl. der Übungen befolgen. Denn auch wenn ich der Sache skeptisch gegenüber stehe, gebe ich Hypnobirthing gleichzeitig eine Chance, mich vom Gegenteil zu überzeugen.
Die anderen Teile von Katrins Gastbeitrag findest Du hier:
Teil 1: Hypnobirthing - (wie) funktioniert das eigentlich?
Teil 3: Erste Hypnose, Atemtechniken & Entspannung
Teil 4: Wunschgeburt, Geburtslust & Entspannung