Wie erklärt man seiner 2 1/2-jährigen Tochter, dass Oma plötzlich nicht mehr da ist? Vor allem, wenn man es selbst noch nicht ganz begriffen hat. Wie soll man es kindgerecht verpacken, sodass es zwar verständlich ist, aber den Zwerg nicht komplett überfordert? Diese Frage(n) mussten wir uns leider stellen. Und haben dabei festgestellt: Kinder verstehen mehr, als man vielleicht glaubt.Es ist kurz nach 7, als der gefürchtete Anruf kommt. Es ist das Krankenhaus, das mir die Nachricht überbringt, die ich eigentlich nie hören wollte. Und obwohl mir seit dem Vortag klar war, dass sie kommen wird - vorbereitet war ich trotzdem nicht darauf. Wie auch? Ich lege auf. Es zieht mir den Boden unter den Füßen weg, und mir gehen 1.000 Dinge gleichzeitig durch den Kopf. Da höre ich aus dem Kinderzimmer ein leises "Mamaaa". Die Große ist wach. Und plötzlich kommt ein bisher völlig neuer Gedanke dazu: Wie erklären wir bloß Lene, dass Oma nicht mehr da ist?
Ich versuche, mich zusammenzureißen, aber die Tränen laufen. Die Motte guckt mich erstaunt an. "Mama ist heute ein bisschen traurig", versuche ich sie erst mal zu beruhigen. Dann ist sie zum Glück erst mal in der Kita, aber die Frage bleibt.
Trauerbücher für Kinder – eigentlich gut, aber...
In den nächsten Tagen überlegen wir, wann und wie wir es Lene beibringen. Vielleicht mit einem Buch? Die Idee finde ich gut. Also wühle ich mich durch jede Menge Beschreibungen und Rezensionen, aber die meisten Bücher sind eher für ältere Kinder. Das fällt also weg. Und da mir eh vor dem Gespräch graut, kann es ruhig noch ein paar Tage warten.
Omas Teddy wohnt jetzt bei uns.
Irgendwann sitze ich mit Lene auf dem Teppich, und wir schauen Bücher an. Da fällt ihr Blick auf den Teddy im Schrank, der vorher noch nicht da war. Omas Teddy, der genauso alt ist wie sie. Den sie gehegt und gepflegt hat, und den ich aus der Wohnung mitgenommen habe. "Was ist das?", will Lene wissen. Ich atme einmal durch. "Das ist Omas Teddy", erkläre ich ihr. "Der hat bei Oma gewohnt, aber jetzt musste Oma in den Himmel umziehen. Deshalb wohnt der Teddy ab sofort bei uns, und wir passen auf ihn auf, damit er nicht allein ist." Zwei Sekunden Stille. "Kann ich das Buch weiterlesen?" Die Reaktion oder besser gesagt Nicht-Reaktion irritiert mich. Und ich frage noch mal nach, ob sie gehört hat, was ich gesagt habe. Sie reagiert wieder nicht. Naja, vielleicht ist sie wirklich noch zu klein für solche Themen, denke ich, und beschließe, es erst mal dabei zu belassen.
Kinder kriegen mehr mit, als man denkt.
Am nächsten Morgen frühstücken wir ganz normal und spielen noch ein bisschen, bevor es für die Motte zur Kita geht. "Omas Teddy wohnt jetzt bei uns", sagt sie plötzlich völlig unvermittelt. "Damit er nicht allein ist, weil Oma jetzt im Himmel wohnt." Ich bin überrumpelt und muss erst mal kurz durchatmen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Scheinbar hat Lene die Nachricht erst mal gespeichert und dann für sich selbst verarbeitet. Die Kleinen kriegen eben doch weitaus mehr mit, als man denkt. Und dass sie das Thema beschäftigt, merken wir daran, dass der Teddy nun ein paar Tage lang regelmäßig zum Thema gemacht wird. Genau wie Oma Reinbek, "die jetzt im Himmel ist - da, wo wir auch irgendwann hingehen". Ach, Lenchen – ich hoffe sehr, dass Du Recht hast.